Innovative Technologien und Materialien spielen eine entscheidende Rolle, um die steigende Nachfrage nach fossilfreiem Kohlenstoff, z. B. aus CO₂ oder Biomasse, zu decken, insbesondere im Chemie- und Kraftstoffsektor. Auf der diesjährigen Conference on CO2-based Fuels and Chemicals (www.co2-chemistry.eu) entdeckten 245 Teilnehmende aus 30 Ländern weltweit die neuesten Innovationen und Trends im Bereich der CCU- und Power-to-X-Technologien und genossen die Vorträge von über 40 Expertinnen und Experten aus Industrie, Forschung und Verbänden. Die Veranstaltung fand vom 18. bis 19. April 2023 in Köln, Deutschland, und online statt und hat sich als einzigartiges Event für verwandte Industrien und deren Kunden etabliert.
Ein neuer Markbericht des nova-Instituts zur Nutzung von CO₂ für Chemikalien, fortschrittliche Kraftstoffe, Polymere, Proteine und Mineralien, der auf der Konferenz auf großes Interesse stieß, erwartet einen Anstieg der Produktionskapazität CO2-basierter Produkte von derzeit 1,3 Mio. t/a auf mindestens 6 Mio. t/a bis zum Jahr 2030 (Ruiz et al. 2023). Der Bericht ist ein einzigartiges Zeugnis der Fortschritte im Bereich der CO2-Nutzung, dessen Wachstums sowie seiner Bedeutung für zahlreiche Industrie-Branchen.
Die europäische Taxonomierichtlinie (EU) hat die Nutzung umweltfreundlicher CCU-Technologien zu einer förderfähigen „nachhaltigen“ Wirtschaftstätigkeit erklärt. Obwohl verschiedene Bemühungen, wie ReFuel EU Aviation und Fuel EU Maritime Europe, der Net Zero Industry Act und die Erneuerbare-Energien-Richtlinie (REDIII) bereits positive Impulse setzten, fehlt es in Europa immer noch an einem unterstützenden politischen Rahmen, der Investitionen in CCU-Technologien und die positive Berücksichtigung von CO₂ als Rohstoff aktiv fördert. Anders verhält sich die Situation in Ländern wie China und vor allem den USA, die mit ihrem Inflation Reduction Act, der die Nutzung von CO2 für Kraftstoffe und Chemikalien aus Luftabscheidung und punktuellen Quellen, einschließlich kommerzieller Anlagen, bereits unterstützende politische Regelungen bieten. Dies führte zu einem deutlichen Anstieg der Forschungs- und Industrieaktivitäten (de la Garza 2022). Michael Carus, CEO des nova-Instituts, betont, dass CCU weit mehr als nur eine Technologie zur Kohlenstoffabscheidung ist und dringend benötigt wird, um erneuerbaren Kohlenstoff als Rohstoff für verschiedene Industrien bereitzustellen.
Dennoch treiben verschiedene Verbände Fortschritte in der CCU- und Power-to-X-Politik voran. Anastasios Perimenis, Generalsekretär des Mitveranstalters CO2 Value Europe, stellte die Arbeit des Verbandes an einer europäischen Roadmap für CCU vor, die auf verschiedenen Szenarien basiert. Die klare Botschaft: Ein unterstützender politischer Rahmen ist der Schlüssel zur erfolgreichen Umsetzung von CCU-Technologien in größerem Maßstab. Wim van der Stricht vom stahlproduzierenden Unternehmen ArcelorMittal (DE) und Babette Pettersen von LanzaTech (US), einem Vorreiter im Bereich der Abgasvergärung für die Ethanolproduktion, bestätigten diese Aussage aus der Industrieperspektive. Beide Unternehmen haben sich zusammengetan, um in Gent, Belgien, eine Pilotanlage für die Ethanolproduktion namens Steelanol zu errichten.
Während CO2-Umwandlung und Power-to-X-Lösungen eine breite Palette von Anwendungen bieten, die von Mineralien, Polymeren, Chemikalien und Werkstoffen bis hin zu grünem Wasserstoff und vielen anderen Mehrwertprodukten reichen, liegt ein Hauptaugenmerk derzeit auf der Hydrierung von CO2 zu Methanol. Aufgrund seiner leichten Gewinnbarkeit und hohen Effizienz gewinnt Methanol als Kraftstoff im Verkehrssektor und als chemischer Baustein zunehmend an Bedeutung. Dies belegten auch zahlreiche Präsentationen.
Emeric Sarron von dem in Island ansässigen Unternehmen Carbon Recycling International (CRI) gab Einblicke in die weltweiten Aktivitäten des Unternehmens im Bereich der Methanolproduktion für Kraftstoffe und Chemikalien. Im Oktober 2022 nahm die weltweit erste kommerzielle CO2-Methanol-Anlage, die eine Technologie von CRI nutzt, die Produktion in Anyang, China, auf. Die Anlage fängt 160.000 Tonnen Kohlendioxid ab, wandelt sie um und produziert 110.000 Tonnen Methanol pro Jahr. Ein deutlicher Kapazitätszuwachs wird zeitnah erwartet.
Auch das norwegische Unternehmen Nordic Electrofuel (NO) stellte seine Pläne zum Bau einer Demonstrationsanlage zur Herstellung von E-Kraftstoffen für die Luftfahrt in Norwegen vor, während Nicholas Flanders, CEO des US-amerikanischen Unternehmens twelve (US), eine geplante Aufstockung der elektrochemisch erzeugten CO- und Synthesegase für Fischer-Tropsch-basierte Chemie und Kraftstoffe in Kalifornien ankündigte. Ein weiteres Projekt des Unternehmens RWE (DE) konzentriert sich auf die Verbesserung der Wasserstoffproduktion als Grundvoraussetzung für CCU, während IFPEN (FR) plant, die Produktion von E-Kraftstoffen zu optimieren, und Econic Technologies (UK) an der Produktion CO2-haltiger Polyole arbeitet.
Zu den Höhepunkten der Veranstaltung zählt der Innovationspreis „Best CO2-Utilisation 2023“, der sechs bahnbrechende CCU-Innovationen ehrt. Der diesjährige Preis ging an „CellCO2“, eine herausragende Lösung der Deutschen Institute für Textil- und Faserforschung (DITF). Dieses CO2-Absorbermaterial basiert auf der Umwandlung von Zellulosefasern in Vliesstoffe, deren Oberfläche anschließend mit Aminen chemisch modifiziert wird. Vliesstoffe bieten eine große spezifische Oberfläche, die es ihnen ermöglicht, möglichst große Mengen CO2 zu binden. Durch die erfolgreiche Kombination aus bio-basierten Kohlenstoffquellen und CCU, gelingt es CellCO2, zwei der drei Wege zu erneuerbarem Kohlen erfolgreich zu verknüpfen (www.ditf.de).
Das österreichische Unternehmen Arkeon erhielt den zweiten Preis für seine innovative Technologie, bei der Archaea-Mikroorganismen eingesetzt werden, die auf natürliche Weise alle Bausteine von Proteinen in nur einem Fermentationsprozess herstellen. Das Verfahren wandelt CO2 direkt in Aminosäuren und funktionelle Peptide um und eignet sich damit für den Einsatz in verschiedenen Lebensmitteln (http://www.arkeon.bio).
Die Innovation „Ultra-low Carbon Concrete“ des US-Unternehmens CarbonBuilt erhielt den dritten Preis für seine visionäre Technologie zur Nutzung von Kohlenstoff, bei der Zement durch eine firmeneigene Mischung aus kostengünstigen, kohlenstoffarmen Industrieabfällen ersetzt wird. Dies reduziert den Kohlenstoffgehalt von Beton um 70-100% (http://www.carbonbuilt.com).
Der Innovationspreis „Best CO2 Utilisation 2023“ wurde von YNCORIS, einem Servicepartner für die zukunftsfähige chemische Industrie, gesponsert und vom nova-Institut und CO2 Value Europe, dem internationalen Verband der CCU-Community in Europa und darüber hinaus, organisiert.
Diese Conference on CO2-based Fuels and Chemicals 2023 wurde von zahlreichen Industrie- und Handelsverbänden, gemeinnützigen Organisationen, Forschungseinrichtungen und Interessengruppen unterstützt, die thematisch mit der Konferenz verbunden sind: BBE – Bundesverband Bioenergie (DE), BCNP Consultants (DE), BIG C -BioInnovation Growth Mega-Cluster (EU), C.A.R.M.E.N. (DE), CLIB – Cluster Industrial Biotechnology (DE), Global CO2 Initiative (International), IBB – Industrielle Biotechnologie Bayern Netzwerk (DE), IN4climate.NRW (DE), kunststoffland NRW (DE), Plastics Europe (DE), Renewable Carbon Initiative (International), VoltaChem (NL) und Premium Partner CO2Value Europe (Co-Organisator Innovation Award).
Borealis, GIG Karasek, OMV und Sulzer unterstützten die Veranstaltung als Sponsoren.
De la Garza, A. 2023: The Inflation Reduction Act Includes a Bonanza for the Carbon Capture Industry (www.time.com). Last access 23-03-01. https://time.com/6205570/inflation-reduction-act-carbon-capture/
Pauline Ruiz, Pia Skoczinski, Achim Raschka, Nicolas Hark, Michael Carus. With the support of: Aylin Özgen, Jasper Kern, Nico Plum (all nova-Institute): Carbon Dioxide (CO₂) as Feedstock for Chemicals, Advanced Fuels, Polymers, Proteins and Minerals https://renewable-carbon.eu/publications/product/carbon-dioxide-co2-as-feedstock-for-chemicals-advanced-fuels-polymers-proteins-and-minerals-pdf/
nova-Institut ist ein privates und unabhängiges Forschungsinstitut, das 1994 gegründet wurde; nova bietet Forschung und Beratung mit Schwerpunkt auf dem Transformationsprozess der chemischen und stofflichen Industrie zu erneuerbarem Kohlenstoff: Was sind zukünftige Herausforderungen, Umweltvorteile und erfolgreiche Strategien zur Substitution von fossilem Kohlenstoff durch Biomasse, direkte CO2-Nutzung und Recycling? Wir bieten Ihnen unser einmaliges Verständnis an, um den Übergang Ihres Unternehmens in eine klimaneutrale Zukunft zu unterstützen.
Source:
nova-Institut, Pressemitteilung, 023-05-02.