Sechs Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes entstehen durch die Stahlproduktion. Dass die Stahlindustrie erneuerbare Energien nutzt, ist deshalb von besonderer Bedeutung für den Klimaschutz. Wissenschaftler der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) haben aus diesem Grund in Zusammenarbeit mit Partnern aus ganz Europa das Projekt i3upgrade gestartet, um CO2 aus dem Stahlherstellungsprozess zu verwerten und so den Ausstoß zu reduzieren. Methan, das aus „grünem“ Wasserstoff, aus erneuerbaren Energien, und Stahlwerkskuppelgasen synthetisiert wird, soll fossiles Erdgas ersetzen. Daneben soll Methanol als bedeutende Grundstoffchemikalie aus den Kuppelgasen erzeugt werden.
Der Lehrstuhl für Energieverfahrenstechnik der FAU, geleitet von Prof. Dr.-Ing. Jürgen Karl, koordiniert das neue EU-Projekt i3upgrade. Das Projekt zielt auf eine CO2-Emissionsreduktion ab, indem Strategien entwickelt werden sollen, CO2 aus Kuppelgasen nicht mehr auszustoßen, sondern intern im Stahlwerksprozess verwenden zu können. Eine wichtige Energiequelle für Stahlwerke ist Methan beziehungsweise Erdgas. Daneben stellt Methanol einen weiteren wichtigen Stoff für die chemische Industrie dar, der wie Erdgas oft importiert werden muss. Dagegen wollen die Wissenschaftler vorgehen: Sie führen die Synthese von Methan und Methanol unter der Nutzung von erneuerbarem Wasserstoff und Prozessgasen, welche bei der Stahlproduktion entstehen, durch. Da die Stromerzeugung bei erneuerbaren Energien häufig schwankt, ist die betriebsinterne Methan- und Methanolsynthese wichtig. Dadurch können die Industrien auf Änderungen des Strompreises oder der Stromversorgung reagieren und vermehrt auf die eigens produzierte Energie zurückgreifen.
Dieser dynamische Betrieb der Methan- und Methanolsynthese ist ein großer Themenblock des Projekts i3upgrade und stellt ein Alleinstellungsmerkmal gegenüber herkömmlichen Vorgehensweisen dar. Die FAU untersucht die Synthesen nicht nur experimentell, sondern entwirft auch ein Leitkonzept für emissionsarme Stahlwerke, an welchem sich die europäische Stahlindustrie orientieren kann. Als weiterer Partner aus dem Umfeld der FAU nimmt der Lehrstuhl für Chemische Reaktionstechnik am Projekt teil. Hier wird in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr.-Ing. Hannsjörg Freund im Labor der Einfluss der innovativen, dynamischen Methode auf die für die Methanisierung erforderlichen Katalysatoren erforscht. Darauf aufbauend wird ein Modell abgeleitet, mit dem Anlagen in industrieller Leistungsgröße simuliert werden können. Dies erlaubt Einsicht in das Verhalten von Stahlwerken über längere Zeit, etwa bei Leistungsschwankungen.
Im Rahmen des Projekts untersuchen die Forscher der FAU gemeinsam mit Projektpartnern aus der Industrie ein neuartiges Reaktorkonzept für die Methanisierung. Bei der Methanisierung handelt es sich um eine exotherme Reaktion, Wärme wird also freigesetzt. Im Reaktor haben die Forscher daher Wärmerohre integriert, um so die Wärme auf einem sehr hohen Temperaturniveau abzuleiten und für die Wiederinbetriebnahme oder andere Prozessschritte zu verwenden. Gleichzeitig erlaubt die verbesserte Wärmeabfuhr auch die kompaktere Ausführung entsprechender Reaktoren. Im Gegensatz zur herkömmlichen Methanisierung, bei der über mehrere Reaktionsstufen die Temperatur schrittweise reduziert wird, werden auf diese Weise Kosten und Komplexität gesenkt.
Das vom europäischen Research Fund for Coal and Steel finanzierte und von der Europäischen Kommission verwaltete Projekt startete im Juni 2018, dauert bis Ende November 2021 und umfasst ein Volumen von 3,3 Millionen Euro. Davon werden zwei Millionen Euro von der EU gefördert. Das Ziel des Projekts liegt darin, dass Wissenschaftler die Durchführbarkeit einer dynamischen Methan- und Methanolsynthese unter Einsatz von Stahlwerkskuppelgasen anhand von Experimenten in den Laboren des Lehrstuhls für Energieverfahrenstechnik der FAU testen. Das Gesamtkonzept liefert „einen wichtigen Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Stahlindustrie, bei gleichzeitig gesteigerter Umweltfreundlichkeit“, betont Projektkoordinator Jürgen Karl.
voestalpine Stahl GmbH als industrieller Projektpartner wird Gasproben aus dem Produktionsprozess liefern und stellt die besondere Bedeutung für die Industrie sicher. Daneben ist AirLiquide Forschung und Entwicklung GmbH ein weiterer Industriepartner. Zusätzliche fünf weitere wissenschaftliche Partner aus Polen (Central Mining Institute), Österreich (Montanuniversität Leoben und K1-MET GmbH), Griechenland (Centre for Research and Technology Hellas) und Italien (Scuola Superiore Sant’Anna) komplettieren das internationale Konsortium von i3upgrade.
i3upgrade steht für „Intelligent and Integrated upgrade of carbon sources through hydrogen addition for the steel Industry”.
Source: FAU, Pressemitteilung, 2018-08-24.