Bei Carbon2Chem® arbeitet seit 2016 ein Konsortium aus Industrie und Forschung daran, Hüttengase aus der Stahlproduktion als Rohstoffquelle für die chemische Industrie zu erschließen. Heute wurde in Oberhausen am Standort von Fraunhofer UMSICHT das projekteigene Labor eingeweiht. Auf 500 Quadratmetern Laborfläche und an 30 Büroarbeitsplätzen arbeitet das Partnerkonsortium gemeinsam an Verfahren zur Gasreinigung sowie zur Produktion von Methanol und höheren Alkoholen. Die im Oberhausener Labor entwickelten Ergebnisse bilden die wissenschaftliche Basis für die Arbeiten mit den realen Hüttengasen im Carbon2Chem®-Technikum am Stahlstandort in Duisburg. Hier ist es 2018 erstmalig gelungen, Methanol und Ammoniak unter industriellen Realbedingungen aus Hüttengasen zu erzeugen.
Carbon2Chem® ist ein Großprojekt in dem 17 Partner aus Industrie und Forschung eine Technologie erarbeiten, die bei einer großtechnischen Umsetzung rund 20 Millionen Tonnen der jährlichen CO2-Emissionen der deutschen Stahlbranche wirtschaftlich verwertbar machen kann. Die Technologie ist auch in anderen CO2-intensiven Industrien einsetzbar. Carbon2Chem® wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit rund 63 Millionen Euro gefördert.
»Carbon2Chem® zeigt, dass Klimaschutz und wettbewerbsfähige Industrie kein Gegensatz sind. Carbon2Chem® erschließt in der Stahl- und Chemieindustrie immense Klimaschutzpotenziale mit einem zukunftsweisenden Ansatz branchenübergreifender Vernetzung. Die enge Zusammenarbeit von Universitäten, außeruniversitären Forschungseinrichtungen und ‚global playern‘ ist dabei beispielgebend für den Forschungsstandort Deutschland«, betont Volker Rieke, Ableitungsleiter im BMBF, die Bedeutung des Verbundprojekts für den innovationsorientierten Klimaschutz.
»Die Ziele von Carbon2Chem® lassen sich nur in enger Kooperation von Wirtschaft und Wissenschaft erreichen. Die sehr guten Ergebnisse der letzten Jahre belegen dies und stellen die Weichen für eine wirtschaftliche Wandlung der CO2-Emissionen der Stahlindustrie in wertvolle Rohstoffe für die chemische Industrie«, bemerkt Prof. Görge Deerberg, stellv. Institutsleiter von Fraunhofer UMSICHT. »Das Carbon2Chem®-Labor ist ein wesentlicher Baustein in der Infrastruktur des Projekts und ermöglicht die gemeinschaftliche Erforschung notwendiger Grundlagen im Projekt.«
Am Standort des Fraunhofer UMSICHT in Oberhausen betreiben Fraunhofer UMSICHT und das Max-Planck-Institut für Chemische Energiekonversion (MPI-CEC) das Carbon2Chem®-Labor. Hier forschen die Partner des Konsortiums gemeinsam an Verfahren zur Gasreinigung sowie zur Produktion von Methanol und höheren Alkoholen. Die Ergebnisse bilden die wissenschaftliche Basis für die Arbeiten mit den realen Hüttengasen, die am Rande des Stahlstandorts Duisburg durchgeführt werden. Dort bietet das Carbon2Chem®-Technikum direkten Zugang zu realen Hüttengasen und die Möglichkeit, Versuche unter industriellen Rahmenbedingungen durchzuführen.
Die Experimente zur Gasreinigung dienen zur Analyse und Entfernung von Stör- und Spurenstoffe, die in Hüttengasen vorliegen können und die Synthese stören bzw. behindern. Weiterhin werden im Labor in enger Abstimmung mit den Projektpartnern Katalysatortests durchgeführt, um Katalysatoren für die Produktion höherer Alkohole auszuwählen und das Verfahren zu optimieren.
Bei der Methanolproduktion bestehen verschiedene Schwerpunkte. Das MPI-CEC beschäftigt sich u.? a. mit dem Verhalten des Katalysators bei dynamischer Veränderung verschiedener Verfahrensparameter. Fraunhofer UMSICHT variiert die Zusammensetzung der Gase zur Ermittlung des Rahmens der für die Synthesen notwendigen Gasaufbereitung. Die Ergebnisse bilden u.? a. die Grundlage für Simulation der Methanolproduktion im vorgesehenen cross-industriellen Produktionsnetzwerk.
Der Grundgedanke: Hüttengase als Rohstoffe für die chemische Industrie nutzen
Carbon2Chem® basiert darauf, dass Hüttengase wertvolle chemische Elemente enthalten, darunter Kohlenstoff in Gestalt von Kohlenmonoxid und Kohlendioxid (CO2), Stickstoff und Wasserstoff. Damit eignen sie sich für die Produktion von Synthesegas, einem Vorprodukt, aus dem unterschiedliche Chemikalien hergestellt werden. Beispiele sind Harnstoff, Methanol, Polymere oder höhere Alkohole. Synthesegase werden in der Chemie bisher aus fossilen Energieträgern wie Erdgas oder Kohle gewonnen. Carbon2Chem® wandelt das in den Stahlwerksemissionen enthaltene CO2 um und reduziert durch seine Nutzung auch den Bedarf an fossilen Rohstoffen, die bisher in der Chemieindustrie beim Erzeugen von Synthesegas eingesetzt werden.
Die Technologie kann, wenn sie großtechnisch umgesetzt wird, schon mittelfristig rund 20 Millionen Tonnen der jährlichen Kohlendioxid-Emissionen der deutschen Stahlbranche wirtschaftlich verwertbar machen. Ziel ist es, die Technologie auch in anderen CO2-intensiven Industrien einzusetzen. Die CO2-Emission aus der Produktion des einen Unternehmens stellt die Rohstoffquelle des nächsten Unternehmens dar. Der modulare Ansatz zur CO2-Nutzung innerhalb solch cross-industrieller Netzwerke ermöglicht die Verbindung von Klimaschutz und Wettbewerbsfähigkeit für große Industriestandorte in Deutschland und anderen Teilen der Welt.
An Carbon2Chem® besteht hohes Interesse, auch außerhalb von Europa. Weltweit gibt es etwa 50 Stahlwerke, die für Carbon2Chem® in Frage kommen. Außerdem führen die Partner bereits Gespräche mit Interessenten aus verschiedenen Regionen, wie die Technologie auch auf andere CO2-intensive Branchen übertragen werden kann. Carbon2Chem® kann einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, das bei der UN-Klimakonferenz 2015 formulierte Ziel der Treibhausgasneutralität in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts zu erreichen.
Carbon2Chem® ist ein von der thyssenkrupp AG, dem Max-Planck-Institut für Chemische Energiekonversion (MPI-CEC) und Fraunhofer UMSICHT koordiniertes Großprojekt mit 14 weiteren Partnern aus Forschung und Industrie. Das 2016 gestartete Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit ca. 63 Millionen Euro gefördert. Es soll in einer Reihe von aufeinander abgestimmten Verbundprojekten klimaschutzrelevante Maßnahmen technisch zur Umsetzung bringen.
Ausführliche Informationen zu Carbon2Chem®
Glossar Carbon2Chem®
Source: Fraunhofer UMSICHT, Pressemitteilung, 2019-03-07.