Existierende Verfahren zur Abscheidung von CO2 weisen eine Reihe von Nachteilen auf, die direkt ihre Leistung beeinflussen. Um diese Situation zu verbessern, hat Dr. Sonia Zulfiqar die CO2-Absorptionskapazität von neuen Materialien auf der Basis von polymeren ionischen Flüssigkeiten auf Amidbasis erforscht.
Gegenwärtig sind Nasswäscher die beliebteste Option, wenn es darum geht, CO2 aus industriellen Abgasen abzuscheiden: dabei wird verschmutzte Luft angesaugt, in Kontakt mit einer Waschflüssigkeit gebracht, die Kohlendioxidmoleküle anzieht, und schließlich wird die saubere Luft hinausgepumpt. Doch angesichts des Klimawandels werden ständig effizientere Lösungen benötigt und molekulare ionische Flüssigkeiten (IL, ionic liquid) sind dafür zweifellos gute Kandidaten.
Seit 2014 hat sich Dr. Sonia Zulfiqar von der Universität des Baskenlandes in Spanien mit Unterstützung des Projekt NABPIL (Novel Amide Based Polymeric ionic Liquids: Potential Candidates for CO2 capture) auf eine besondere Art der ionischen Flüssigkeiten konzentriert. „Polymere ionische Flüssigkeiten (Polymeric ionic liquids, PILs) sind nicht nur ein mögliches neues Mitglied der Familie der CO2 absorbierenden Mittel, sondern ihre Sorptionsleistung liegt weit über der von bereits jetzt sehr wirkungsvollen molekularen ionischen Flüssigkeiten.
Obwohl bereits Technologie für CO2-Abscheidung vorhanden ist, die Absorption durch chemisches Lösungsmittel, physikalische Adsorption, kryogene Fraktionierung, Membrantrennung, biologische Fixierung sowie den O2/CO2-Verbrennungsprozess umfasst, basieren existierende kommerzielle Abscheidungsanlagen auf dem Nasswäscheverfahren. Dieses Verfahren verwendet wässrige Alkanolaminlösungen, die oft von Problemen wie Korrosion, Aminabbau und Lösungsmittelverlusten betroffen sind. Deshalb werden neue Materialien für eine effiziente CO2-Abscheidung benötigt.
Hauptziel von NABPIL ist der Entwurf, die Herstellung, Charakterisierung und Erprobung einer neuen Klasse von polymeren ionischen Flüssigkeiten auf Amidbasis, die möglicherweise über eine hohe Fähigkeit zur Abscheidung von Kohlendioxid aus der Erdgaszuführung vor Verbrennung und ausströmenden Gasen nach Verbrennung verfügen. Diese neuartigen Materialen können niedrige Kosten und eine hohe CO2-Abscheidungsleistung bieten.
Mit diesem Projekt wollten wir die Forschung zur CO2-Abscheidung und Umwandlung an neue Grenzen führen. Unser Ansatz wird zur Schaffung einer CO2-Wirtschaft beitragen, indem wir effiziente Wege für die CO2-Abscheidung einführen, bevor es in kommerzielle Produkte umgewandelt wird. Dazu müssen Brücken zwischen Chemie, Umwelt- und Materialwissenschaften geschlagen werden.
Materialien, die normalerweise in CO2-Abscheidungsverfahren eingesetzt werden, sind Siliziumdioxid, Aktivkohle, Zeolithe und metallorganische Gerüstverbindungen. Diese wurden bereits mit großem Erfolg eingesetzt, doch es gibt noch viele Probleme, die angegangen werden müssen.
Wir denken, dass die Lösungen für diese Probleme mit Hilfe von ionischen Flüssigkeiten, die als „umweltfreundliche Lösungsmittel“ bekannt sind, zu finden sind. Es handelt sich um äußerst vielseitige Materialien, die aufgrund ihrer hervorragenden physikalisch-chemischen Eigenschaften und Anwendungen, speziell in der CO2-Abscheidung und Abtrennung, erforscht worden sind. Im Gegensatz zu den häufig anzutreffenden organischen Lösungsmitteln weisen sie einen vernachlässigbaren Dampfdruck, thermische Stabilität und abstimmbare Chemie auf.
Die Funktionalisierung von Polymeren mit chemischen IL-Gruppen hat zur Entwicklung einer neuen Klasse von Polyelektrolyten geführt, die als polymere ionische Flüssigkeiten (PIL) bekannt sind und unter anderem anstelle von Polymerelektrolyten für Batterien, Biosensoren, CO2-Abscheidungs- und Trennmembranen, intelligente Materialien, Zelluloseverarbeitung sowie in Anwendungen für die Übertragung von Genen verwendet werden.
Die Verwendung von PIL für die Gasabscheidung und -abtrennung aus Abfallströmen — oder deren ihre Speicherung oder Transport — ist derzeit der aktivste und anspruchsvollste Bereich in der PIL-Forschung. Ihre Nichtflüchtigkeit, hohe Aufnahmefähigkeit und reversible Sorption von CO2 machen sie zu guten Kandidaten für Umweltanwendungen. PIL mit Aminogruppen und nanoporösen polymeren (ionischen Flüssigkeit)sversionen wurden speziell mit verbesserter CO2-Abscheidung entworfen. Jüngst wurde sogar ihre Permeabilität und Selektivität gegenüber anderen Gasen einschließlich CO2, N2, CH4 und H2 nachgewiesen.
Der vorgeschlagene Ansatz bestand darin, zunächst Polymere auf Amidbasis, gefolgt von einer Quaternisierungsreaktion zur Erzeugung von polymeren ionischen Flüssigkeiten herzustellen. Damit erreichten wir aber keine hohe Konversionsrate in ionische Polymere und die Ausbeute war eher gering.
Zur Lösung dieses Problems haben wir eine andere Strategie versucht. Dabei wurden zuerst ionische Monomere synthetisiert und dann in ionische Polymere umgewandelt. Das führte zu einer höheren Konversionsrate und einer besseren Ausbeute.
Während der Ausführung des NABPIL-Projekts haben wir den allerersten Übersichtsartikel veröffentlicht, in dem die Wirkung verschiedener Parameter auf die CO2-Aufnahmeleistung von PIL hervorgehoben wurde. Vor diesem Hintergrund möchten wir nun verschiedene CO2-phile Kationen und Anionen in die ionischen Polymere einbetten und deren Wirkung untersuchen, um eine überlegene CO2-Sorptionsleistung zu erreichen.
Haben Sie das Marktpotenzial ihrer Materialien bereits erkundet? Wenn ja, was haben Sie herausgefunden?
Das Marktpotenzial dieser neuartigen Materialien ist noch nicht erforscht. Obwohl die CO2-Sorptionsleistungen dieser PIL auf Amidbasis vielen anderen PIL überlegen sind, sind sie immer noch schlechter als kommerzielle, nichtionische Alternativen.
Wir verfolgen unsere Bemühungen weiter, die CO2-Aufnahmeleistung zu verbessern, und sobald wir mit dem Ergebnis zufrieden sind, werden wir auf jeden Fall das Marktpotenzial dieser neuartigen PIL erkunden.
NABPIL
Finanziert unter FP7-PEOPLE
CORDIS-Projektseite
Quelle: Interview aus dem Magazin research*eu Ergebnisse, Ausgabe Nr. 55 S. 28-29
Source: CORDIS, press release, 2016-09-21.