Die deutschen Fernleitungsnetzbetreiber (FNB) haben eine Vision für eine erste deutschlandweite Wasserstoffinfrastruktur in Form einer Netzkarte vorgestellt. Hierin sind Leitungen mit einer Gesamtlänge von etwa 5.900 km aufgeführt. Dieses visionäre Leitungssystem basiert zu über 90 Prozent auf dem bereits bestehenden Erdgasnetz und wird kontinuierlich weiterentwickelt. Ein Großteil der zukünftigen Verbrauchsschwerpunkte von Wasserstoff in den Sektoren Industrie, Mobilität und Wärme sowie zahlreiche Untertagespeicher können über das Leitungssystem mit den Aufkommensschwerpunkten verbunden werden. ?
Klimaneutral erzeugtes Gas, insbesondere grüner Wasserstoff, stellt neben erneuerbarem Strom für viele Sektoren den Schlüssel zu einer erfolgreichen Dekarbonisierung dar. Dies haben das Bundeswirtschaftsministerium und die dena branchenübergreifend im Dialogprozess Gas 2030 festgestellt. Mit der Veröffentlichung des visionären Wasserstoffnetzes wollen die FNB für die von der Bundesregierung angekündigte Wasserstoffstrategie einen Beitrag leisten und einen ersten konkreten Schritt in die zukünftige Wasserstoffwirtschaft aufzeigen.
„Die Fernleitungsnetzbetreiber setzen sich für die Nutzung der vorhandenen Gasinfrastruktur auch für Wasserstoff ein. Wir arbeiten mit Hochdruck an konkreten technischen und netzplanerischen Lösungen, damit die Integration gelingen kann“, erklärt Ralph Bahke, Vorstandsvorsitzender des FNB Gas, anlässlich der Veröffentlichung des visionären Wasserstoffnetzes.
Damit die Energiewende mit Wasserstoff ein Erfolg werden kann, sind verschiedene Maßnahmen nötig. Von zentraler Bedeutung ist die Schaffung einer ausschließlich für den Transport von Wasserstoff vorgesehenen überregionalen Infrastruktur zur Verbindung diverser inländischer Erzeugungsquellen (PtG-Anlagen in Regionen mit hohem Aufkommen erneuerbarer Energien), Speichern bzw. Importen mit den Verbrauchern. Der in vielen Studien belegte, stark ansteigende Bedarf an Wasserstoff, insbesondere in der Industrie aber auch im Mobilitäts- und Wärmesektor, macht diesen überregionalen Wasserstofftransport notwendig. „Damit schaffen wir das Rückgrat der zukünftigen Wasserstoffwirtschaft“, so Bahke weiter.
Die FNB beschäftigen sich mit der Entwicklung von Realisierungsoptionen und Umsetzungspfaden. „Unser Ziel ist es, die bestehende Gasinfrastruktur für den Transport von Wasserstoff nutzbar zu machen. Dabei untersuchen wir in konkreten Projekten ausgewählte Leitungsabschnitte, um zügig erste Industriebetriebe mit Wasserstoff versorgen zu können“, erläutert Bahke.
Darüber hinaus finden die zukünftige Wasserstofferzeugung und der Wasserstoffbedarf erstmalig Eingang in die aktuelle Modellierung des Netzentwicklungsplans (NEP) Gas 2020-2030. Zusätzlich haben die FNB konkrete Vorschläge zur Weiterentwicklung des NEP Gas gemacht. „Wir machen uns dafür stark, dass Wasserstoff künftig in diesen bewährten Prozess als weitere Gasbeschaffenheit (neben H-Gas und L-Gas) integriert wird. Da der Rechtsrahmen hierfür angepasst werden muss, appellieren wir an die Politik und die Regulierungsbehörde, hier zügig die notwendigen Schritte in die Wege zu leiten“, ergänzt Inga Posch, Geschäftsführerin der Vereinigung der Fernleitungsnetzbetreiber.
Mit ihrer Vision für eine überregionale Wasserstoffinfrastruktur möchten die FNB einen Impuls für eine volkswirtschaftlich effiziente infrastrukturelle Entwicklung für die Wasserstoffwirtschaft in Deutschland geben.
Die FNB werden ihre Expertise als Gasnetzbetreiber auch in den kommenden Prozess für die weitere Ausgestaltung der nationalen Wasserstoffstrategie aktiv einbringen, um eine Vorreiterrolle Deutschlands beim Thema Wasserstoff zu unterstützen und voranzutreiben. Abschließend weist Bahke darauf hin, dass neben der Schaffung einer Transportinfrastruktur für Wasserstoff auch ein organisierter Markthochlauf für die Elektrolyseure sowie die Schaffung eines Anreizsystems für die Nachfrage von erneuerbaren und dekarbonisierten Gasen notwendig ist, wenn die Klimaziele erreicht werden sollen.
Vor dem Hintergrund des steigenden Interesses an Wasserstoff in der Energieversorgung haben die Fernleitungsnetzbetreiber (FNB) ein mögliches Zukunftsbild für ein Wasserstoffnetz (H2-Netz) in Deutschland entwickelt. Die Karte stellt dieses überregionale „visionäre“ H2-Netz dar. Mit den dargestellten Leitungen werden Wasserstofferzeugung und Wasserstoffverbrauch unter Nutzung überwiegend existierender Erdgasinfrastrukturen (zu über 90 Prozent) verbunden. Dieses H2-Netz umfasst eine Gesamtlänge von rund 5.900 km.
Grundlagen dafür waren eine Studie zur Regionalisierung von Wasserstofferzeugung und -verbrauch bei der Forschungsgesellschaft für Energiewirtschaft mbH (FfE), die die FNB in Auftrag gegeben haben. Danach sind die potenziellen inländischen Erzeugungsschwerpunkte von Wasserstoff aus erneuerbaren Energien zukünftig überwiegend in den Regionen Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen zu erwarten. Die FNB haben zudem eine Marktabfrage für derzeit in der Entwicklung befindlicher Grüngasprojekte durchgeführt. Im Ergebnis wurden 31 Projekte, darunter überwiegend Wasserstoffprojekte, in den industriellen Verbrauchszentren gemeldet.
– ? Kavernenspeicherstandorte für die potenzielle Nutzung als Wasserstoffspeicher zum Ausgleich von Wasserstoffverbrauch und Wasserstofferzeugung bzw. Importen
– ? industrielle Verbraucher wie Stahlproduktion, chemische Industrie, Raffinerien und vom Kohleausstieg betroffene Regionen sowie die heute schon bestehenden lokalen Wasserstoffnetze
– ? große Ballungsräume, die durch Beimischung von Wasserstoff in die dortigen regionalen Verteilernetze, CO2-Minderungen im Wärmesektor realisieren können
– ? ca. 80% des deutschen Fahrzeugbestandes und ein Teil des nicht elektrifizierten Schienenverkehres, um damit einen Beitrag zur Verkehrswende zu ermöglichen
– ? Regionen mit hohem Aufkommen erneuerbarer Energien zur Wasserstofferzeugung
– ? mögliche Importstandorte für Wasserstoff
Die Umsetzung erster Wasserstoffprojekte (z.B. Reallabore als Keimzelle einer Wasserstoffwirtschaft) sind bereits bis 2025 vorgesehen. Diese lassen sich mit den ersten Realisierungsschritten des H2-Netzes verbinden.
Das H2-Netz ist technologieoffen. Es kann sowohl grünen Wasserstoff aus den Regionen mit hoher Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien z.B. in Nord- und Ostdeutschland als auch importierten klimaneutralen Wasserstoff, der über Pipelines oder Tankschiffe nach Deutschland kommt, aufnehmen.
Der Aufbau des H2-Netzes wird räumlich vermutlich von Norden nach Süden erfolgen, da die potenziellen Quellen und Speicherstandorte für Wasserstoff ganz überwiegend nördlich der Mainlinie liegen. Der Ausbau in Richtung Süden wird sich zu den großen Verbrauchsschwerpunkten hin entwickeln.
Durch die Verbindung des H2-Netzes mit Wasserstoffinfrastrukturen in unseren europäischen Nachbarländern, ist der europaweite Austausch von Wasserstoff bereits zu einem frühen Zeitpunkt möglich.
Die FNB werden dieses visionäre H2-Netz auf Basis neuer Erkenntnisse weiterentwickeln.
Source: FNB, Pressemitteilung, 2020-01-28.